Für alles und jeden gibt es Vorurteile. Auch wenn man sagt, man hat keine Vorurteile, hat man sie trotzdem. Man schnappt alles auf, was um einen herum passiert. Ob man will oder nicht. Die einen mehr und die anderen weniger. Und das was man aufschnappt, bleibt im Kopf, auch wenn man sozusagen nicht immer Zugriff darauf hat. In diesem Beitrag möchte ich euch ein paar Vorurteile uns Borderlinern gegenüber vorstellen und das eine oder andere erklären.
Muss man Angst vor uns haben?
Es gibt scheinbar wirklich sehr viele Menschen, die tatsächlich Angst vor uns haben. Wenn man jemandem sagt, dass man die Borderline-Persönlichkeitsstörung hat, wenden sich viele von einem ab. Sie schrecken zurück. Sie brechen den Kontakt ab. Es ist sehr traurig und verständlich zugleich. Ja wir sind unberechenbar. Wir können, rein theoretisch gesehen, aus dem nichts, komplett grundlos einen aggressiven Anfall bekommen. Ich kenne aber keine einzige Person, die aus dem nichts auf jemanden losgegangen ist, nur weil diese Person Borderliner ist. Und wie oft habt ihr das mitbekommen?
Wir sind instabil, ja. Aber jeder von uns hat „Trigger-Punkte“. Wenn wir einen Anfall haben und zusätzlich dann zum Beispiel als „kranker Psycho“ oder so beleidigt werden, kann es uns hart treffen und wir können vielleicht etwas ausrasten. Mit solchen Beschuldigungen geht nämlich jeder anders um. Der eine dreht halt völlig durch.. Der nächste fängt an zu weinen.. Wieder ein anderer, möchte sich eventuell sogar umbringen.. Es gibt aber auch Leute, die damit umgehen können oder zumindest meistens damit umgehen können.
Ich gehöre zum Beispiel eher zu denen, die damit umgehen können. Das liegt aber nicht daran, dass ich stark bin oder so. Es liegt einfach daran, dass ich einsehe, dass jeder seine eigene Meinung hat. Solange ich meine eigene Meinung haben darf, dürfen die anderen es auch gerne. Unschön ist es bloß, wenn man darauf immer herumreiten muss und dem anderen nicht zuhört. Ich bin nämlich eine, vor der braucht man keine Angst zu haben. Ich kann anderen nicht einfach weh tun. Klar wenn mich jemand mutwillig schlägt oder so, wehre ich mich, aber wer tut das nicht? Das tun auch „gesunde“ Menschen.
Also habt bitte keine Angst vor uns. Wir tun euch nicht einfach so etwas an. So ein Anfall ist ein unkontrollierter Schrei nach Hilfe. Lernt uns kennen, bevor ihr über uns urteilt. Wir sind auch bloß Menschen und können nichts dafür. Ob ihr uns das nun glaubt oder nicht. Denkt bitte immer daran, dass jegliche Beleidigung, das letzte sein könnte, was einer hört. Wir haben es nicht leicht. Manche von uns fühlen sich selber schon wie ein „Monster“. Ihr müsst diesen Gedanken dann nicht noch mehr verstärken. Gemobbt zu werden, für etwas, wofür man nicht mal was kann, ist definitiv nicht fair. Borderline ist kein Spaß. Borderline ist eine Krankheit und wenn man es genau nimmt, ist es eine lebensbedrohliche Krankheit.
Wirklich schlimm fand ich es, als ich gelesen habe, dass es sogar Therapeuten gibt, die vor uns zurückschrecken und uns sofort abweisen. Therapeuten haben sich darauf eingelassen, solchen Menschen wie uns zu helfen. Für viele ist ein Therapeut der letzte Hoffnungsschimmer und dann hört man, dass wir sowas wie „Therapeuten-Killer“ sind. Wie soll uns das bitte helfen?
Weitverbreitete Vorurteile
Solche Vorurteile wie „Borderliner jammern immer nur.“, „Borderliner ritzen sich alle.“, „Borderliner sind egoistisch.“, „Die wollen nur Aufmerksamkeit.“, „Die simulieren nur.“ oder „Borderliner sind faul.“ hört man wirklich sehr oft. Ja zu jedem dieser Vorurteile passt jemand, aber nur, weil eine Person sowas aufweist, heißt es noch lange nicht, dass jeder so ist. Als Borderliner hat man es nicht leicht. Es ist ein dauerhafter Kampf, der nie enden zu scheint. Dann kann man irgendwann nicht mehr und fängt vielleicht mal an zu „jammern“, aber als ob andere nicht auch mal jammern würden.
Und das Thema ritzen ist auch nicht so einfach. Zum einen, ritzt sich nicht jeder Borderliner und zum anderen ritzen sich auch Menschen, die keine Borderline-Persönlichkeitsstörung haben. Und die, die sich ritzen, wollen sich meistens einfach bloß Schmerzen zufügen, weil sie nicht mehr weiter wissen. Sie spüren sich selbst nicht mehr. Sie können sich nicht mehr kontrollieren.
Dieser Zustand ist nicht wirklich zu beschreiben, aber eins kann ich euch sagen. Dieser Zustand ist unerträglich und irgendwann ist man dann vielleicht so kaputt, dass man keinen anderen Ausweg mehr findet. Es gibt aber auch welche, die sozusagen „fremdgesteuert“ sind. Diese fremde Stimme redet einem dann ein, dass man sterben möchte, obwohl man es eigentlich gar nicht möchte. Man kann die Gedanken bloß nicht kontrollieren.
Ich kann gar nicht egoistisch sein. Damit ist das Vorurteil also auch schonmal ein schlechtes Vorurteil. Es trifft nämlich auch lange nicht auf jeden zu. Wir spüren oftmals mehr als „gesunde“ Menschen. Ich zum Beispiel bekomme eigentlich immer alles um mich herum mit, obwohl ich mich zum Beispiel gerade auf ein tiefgründiges Gespräch konzentriere. Und wenn wir nur simulieren würden, würde es diese Diagnose gar nicht geben.
Aufmerksamkeit sucht jeder auf seine Art und Weise. Bei uns Borderlinern ist es bloß oft so, dass wir etwas sagen oder machen und dadurch Aufmerksamkeit bekommen, obwohl es uns gar nicht bewusst war, dass wir damit die Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Wir können es nicht unterscheiden und auch nicht kontrollieren. Und wer behauptet, dass wir faul sind, hat schlichtweg keine Ahnung. Wir kämpfen dauerhaft und das ist nicht gerade ein entspannter Kampf und die meisten wollen auch arbeiten oder studieren oder was auch immer. Manche schaffen es einfach nicht, weil sie zu instabil sind oder zum Beispiel Angst haben, weil es rauskommen könnte, dass man Borderliner ist und man Angst vor der Reaktion der anderen hat.
Sind wir immer traurig?
Das Vorurteil, dass Borderliner immer traurig sind und schlechte Laune haben, ist auch gelogen. Ich bin ein optimistischer und lebensfroher Mensch, wenn ich nicht gerade einen Anfall habe, den ich nicht kontrollieren kann. Das Problem daran ist dann aber, dass ich dann zu hören bekomme, dass ich doch gesund sei und mich da bloß reinsteigere. Das ist aber quatsch. Borderliner kennen weiß und schwarz. Weiß ist das positive, das schöne am Leben, die gute Laune. Es kann bloß sein, dass wir plötzlich nur noch schwarz sehen, also das negative, das ganze schreckliche, die schlechte Laune.
Übrigens können Borderliner sehr wohl Humor haben. Ich wäre ohne meinen Humor sicher nicht mehr hier. Und durch meinen Humor nehme ich Beleidigungen nicht so persönlich. Ich nehme es mit Humor und kontere darauf.
Mein Fazit
Also tut uns allen doch den Gefallen und urteilt nicht so schnell über uns. Lernt uns erst kennen. Wir geben euch doch auch die Chance, in unser Leben zu kommen. Warum gebt ihr uns die Chance denn nicht? Man sieht von außen immer bloß die Fassade. Erst im inneren eines Menschen findet ihr deren wahres Gesicht. Sucht es und bildet erst dann eure eigene Meinung über andere. Ihr wollt doch auch nicht einfach in irgendeinen Topf geschmissen werden, oder? Ich bezweifle es.
Diesen Beitrag finde ich sehr Toll und Treffend,
meine Ex Freundin war leider nie so offen,
ich bin nur der betroffene Ex der sich in die Materie
hineingearbeitet hat, eigentlich wollte ich nur helfen
aber leider hat sie die Hilfe nicht Angenommen.
Mit freundlichen Grüßen Siggi
Danke für dein Feedback.
Das tut mir leid, aber leider sind die meisten Betroffenen eher zurückhaltend.